FOUR John Cage

Beschreibung

Zwischen den Gelehrten wütet seit jeher der selbe Streit: Wo, um alles in der Welt, irrte Odysseus zehn Jahre lang umher? Jedes Weltbild enthüllt eine andere Landschaft, jede Karte folgt einer eigenen Route, jeder Weg verzweigt sich mit der Zeit.

In FOUR John Cage rekonstruiert die LOSE COMBO die Irrfahrt des Odysseus exakt – mit Hilfe eines Berliner Stadtplans. Da läßt sich jede Station ausfindig machen: Troja inmitten der Stadtrandsiedlung Hellersdorf, Kalypsos Insel als Nervenklinik Spandau, die Höhle des Kyklopen Polyphem in einem U-Bahn-Tunnel in Lichtenberg, die Insel der Sirenen im dichten Verkehr der Landsberger Allee ... Das ist alles nur eine Frage des Maßstabs. Und der Perspektive.

Für diese – als Hommage zu John Cages 90stem Geburtstag und 10ten Todestag entworfene – Reise entsteht eine verwinkelte Topographie aus Schall-Mauern und Bild-Schirmen aus grün-grauer Steinwolle. Darin findet sich Raum für eine Vielzahl akustischer und visueller Zentren: Die Musiker des Streichquartetts sitzen verteilt zwischen steinwollenen Mauerresten ohne einander zu sehen, während sie Cages Zeitklammern-Komposition Four realisieren; ein Performer steht am Rand und erzählt ab und zu von den Überschneidungen von Mythos, Erinnerung und Kartographie; eine Performerin berichtet aus dem Off von abstrusen Begegnungen mit Odysseus am Flughafen Tegel und am Wannsee, oder singt den alten Schlager von den Capri Fischern, der dem Streichquartett überraschend eine "umgekehrte" Karaoke abverlangt. Von drei Seiten sind zugleich großformatig projizierte Videosequenzen der Berlin-Odyssee zu sehen: Es ergeben sich ungewöhnliche Konvergenzen wie Divergenzen zwischen Text, Bild, Musik und Licht, die eine Ahnung von der vielfältigen Zufälligkeit / zufälligen Vielfältigkeit des Umherirrens zwischen Mythos und Gegenwart geben.

Nach einer kurzen Pause wird die Performance-Odyssee in fadem gelblichen Licht als halbstündiges Konzert fortgesetzt. Dafür hat die LOSE COMBO John Cages Zeitklammern-Komposition Four6 (for any way of producing sounds) teilweise als vier-kanaliges Tonband aus radiophonem Rauschen realisiert, zu dem das Streichquartett mit seinen Instrumenten ausgewählte geräuschhafte Klänge produziert.