GEGENDARSTELLUNG

Beschreibung

GEGENDARSTELLUNG ist der zweite Teil einer Projekt-Reihe, die sich in Hybridformen aus Performance, Installation und Konzert mit labyrinthisch verfaßten Strukturen des Zeitvergehens auseinandersetzt.

Die ein Fußballspiel (plus Nachspielzeit) lang dauernde Performance ist thematisch zwischen zwei Ereignissen in der abgeschlossenen Vergangenheit und der nahen Zukunft aufgespannt: einerseits den persönlichen Erinnerungen an einen halbjährigen Stipendienaufenthalt in Südafrika von Jörg Laue und Esther Ernst in 2008, andererseits der unmittelbar bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2010.
Während die FIFA als Veranstalter der WM kraft der Medien weltweit ein weitgehend widerspruchsfreies und positives Bild des Gastgeberlandes verbreitet, das gesellschaftliche, kulturelle und ökonomische Konflikte (zumindest) marginalisiert, geboten es uns der Respekt vor kulturellen Differenzen und die rauhe gesellschaftliche Wirklichkeit Südafrikas vielerorts davon abzusehen, Bildmaterial von unseren Erlebnissen aufzuzeichnen.

Diese Kluft aus tatsachenbehauptenden Beschönigungen im Übermaß und dem Mangel an visuellen Erinnerungsbelegen fordert eine GEGENDARSTELLUNG: Auf mehrfach gerasterten raumgreifenden Video-Projektionsflächen aus opaken Polypropylen-Platten entfaltet sich ein bewegter Bildraum, der aus Internet-Ressourcen gespeist ist: grob gerasterte schwarz-weiße Videostills von den Straßen Johannesburgs, bildelektronisch aufbereitete You-Tube-Videos von Ballonfahrten über Goldminen und Fußballstadien, Autofahrten durch Wellblechhütten und über eingezäunte Highways ...
Umgeben von einer großformatigen fragilen Bodeninstallation aus geborstenen Gipskarton-Platten, auf denen kartographische Skizzen von Johannesburger und Kapstädter No-Go-Areas verzeichnet sind, erzählt eine Performerin u.a. von einem Schneeballschlacht-Event auf einem ehemaligen Kasernenhof inmitten der verrohten Johannesburger Innenstadt und einem Kunst-Happening am Himmel darüber; sie rekonstruiert die Sekundenbruchteile eines Raubüberfalls und die Flashbacks, die dieser während einer verstörenden Autofahrt durch schier endlose Kapstädter Townships triggert; sie berichtet von meteorologischen und geographischen Eigentümlichkeiten und historischen, etymologischen und psychologischen Koinzidenzen ...
In Video-live-Schaltungen befragt ein Performer jeden Abend zwei Korrespondenten – Gastgeber, Kollegen, Freunde, die unsere südafrikanische Zeit geprägt haben – zu den gegenwärtigen Entwicklungen im Vorfeld der WM in Kapstadt, Johannesburg, Zürich oder Amsterdam ...
Zu Video-Souvenirs, die weihnachtliche Strandspaziergänge in Kapstadt oder rasant anmutende Johannesburger Stadtrundfahrten zeigen, eröffnen sich zwei Musikern geräumige Zeitfenster für freie Improvisationen, die auch bop-artige Passagen, relaxte afrikanische Rhythmen und einfache Melodien streifen, oder in abrupt endendem ohrenbetäubendem Lärm münden ...